Deutscher Freidenker-Verband e.V. – Rheinl.-Pfalz / Saar

„Alarmstufe Rot – oder Rettet Trump die USA?“ Einschätzungen zur Trumpwahl (1)

von Sophia Eigner

Donald Trump

Die Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika liegt nun schon ein paar Wochen zurück, die Wogen haben sich aber keinesfalls geglättet. Seit dem Wahlausgang am 5. November 2024 ist wieder viel passiert und die Halbzeit des Präsidentschaftsübergangs (die Zeit zwischen Wahl und Inauguration) ist längst verstrichen.

US-Wahlergebnis 2024 (Google Screenshot)

Spätestens zum neu begonnenen Jahr 2025 wird es Zeit für eine Zwischenbilanz und einen Rückblick

Es gibt jede Menge Spekulationen, was der Wechsel an der Spitze des Imperiums für die Welt bedeuten könnte, aber bekanntlich hat niemand eine Glaskugel. Je nach politischer Ausrichtung wird Donald Trump eher in der Rolle des Friedensstifters gesehen oder als jemand, der mit seiner Regierung die „Spielchen“ seiner Vorgänger weiterspielt. Vielleicht wird ja alles sogar noch schlimmer, weil Trump als grobschlächtiges „Trumpeltier“ ohne viel Fingerspitzengefühl agiert. Wer weiß das schon? Noch-Präsident Joe Biden traut man inzwischen ganz offiziell nicht mehr zu, die Regierungsgeschäfte selbständig zu erledigen.

Zu erkennen ist mittlerweile aber auch, dass die am 20. Januar 2025 abtretende Regierung (bzw. der Tiefe Staat dahinter) alles tut, um dem gewählten Nachfolger Trump so viele Steine wie möglich in den Weg zu legen: In der Ukraine mit der Freigabe amerikanischer Mittelstreckenraketen auf das Gebiet von Russland; in Georgien und in Israel/Palästina. In der Ostsee wird gezündelt und beim Putschversuch in Südkorea am 3. Dezember 2024 scheint es mindestens eine Vorkenntnis der US-Regierung gegeben zu haben. Auch Syrien ist mittlerweile gefallen – der vorletzte Staat der „7 Länder in fünf Jahren“, die von den USA in den Krieg gezogen werden sollten, wie Ex-General Wesley Clark bei seinem Besuch nach dem 11. September 2001 im Pentagon erfuhr und worüber er in einem Interview mit Amy Goodman (von „Democracy Now“ im Jahr 2007) offen berichtet:

Aber auch von Donald Trump selbst sind Töne zu vernehmen, die nichts Gutes verheißen: Er will Europa mit inzwischen 5% Anteil am Bruttoinlandspolitik einen noch größeren Tribut für die Nato-Mitgliedschaft auferlegen, plant ausgedehnte Schutzzölle, bereitet womöglich schon eine Eskalation bzgl. Taiwan mit höheren Strafzöllen für China vor und fabulierte jüngst vom einer Einverleibung Grönlands durch die USA. Kanada könnte ja auch der 51. Bundesstaat der USA werden, Mexiko vielleicht auch und den Panama-Kanal möchte er am liebsten unter die erneute Kontrolle der Vereinigten Staaten bringen. Mehr offen imperialistisches Gehabe geht fast nicht.

Seine großspurige Ankündigung, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden gleich zu seinem Amtsbeginn zu beenden ist unrealistisch, denn dass er auf die unumstößlichen Forderungen der russischen Regierung eingehen wird, ist eher nicht zu erwarten: „Wir haben keine Vorbedingungen. Wir sind bereit für einen Dialog ohne Vorbedingungen, aber auf der Grundlage dessen, worauf wir uns geeinigt haben, das habe ich schon hundertmal gesagt, während des Verhandlungsprozesses in Istanbul Ende 2022 und auf der Grundlage der heutigen Realitäten vor Ort.“ (Wladimir Putin über ein mögliches Ende des Ukraine-Konfliktes).

Donald Trump ist außerdem bedingungsloser Unterstützer von Israel (sowie praktisch jedes seiner designierten Kabinettsmitglieder) und damit dem Iran feindlich gesinnt. Das letzte der „7 Länder in 5 Jahren“ steht bei Trump schon lange auf der Abschussliste. So hat er in seiner ersten Amtszeit das Atom-Abkommen mit dem Iran vorzeitig gebrochen und massive Sanktionen gegen das Land erlassen.

Zwar will Trump wahrscheinlich keinen Krieg mit dem Iran, aber z.B. für John Mearsheimer, der mit Jeffrey Sachs beim All-In-Summit in New York am 16. September 2024 die US-außenpolitische Lage erörtert, sind es die Israelis – und hier insbesondere Benjamin Netanjahu – die versuchen, die USA in einen Krieg hineinzuziehen (im Video ab Minute 46:45 und besonders die knapp 3 Minuten von 50:45 bis 53:30.

Auf die Frage von David Sacks, einem der Interviewer beim All-In-Summit (ab Minute 2:48): „John, was denken Sie darüber? Sehen Sie einen Unterschied zwischen Republikanern und Demokraten?“ antwortet John Mearsheimer:
„Nein. Ich bezeichne die Republikaner und Demokraten gerne als Tweedle Dee und Tweddle Dum. Es gibt kaum einen Unterschied. Ich denke, die einzige Ausnahme ist, dass der ehemalige Präsident Trump, als er 2017 Präsident wurde, darauf aus war, den Tiefen Staat zurückzudrängen und außenpolitisch eine andere Art von Führungspersönlichkeit zu werden. Aber im Grunde genommen ist ihm das nicht gelungen. Und er hat geschworen, dass es, wenn er gewählt wird, dieses Mal anders sein wird und er den Tiefen Staat zurückschlagen wird. Er will eine Außenpolitik verfolgen, die sich grundlegend von der unterscheidet, die Republikaner und Demokraten bisher verfolgt haben. Die große offene Frage ist, ob Sie glauben, dass Trump den Tiefen Staat und diese beiden etablierten Parteien schlagen kann, und ich wette gegen Trump.“

Das deutsche Transkript dieser erstrangigen Podiumsdiskussion gibt es auf Free21: Diskussion mit John Mearsheimer und Jeffrey Sachs über die amerikanische Außenpolitik).

Auf Trumps „Sündenliste“ steht zudem die Kündigung bzw. Verletzung vieler Abrüstungsverträge. Inzwischen gibt es keinen der früheren atomaren Abrüstungsverträge mit Russland mehr, sie wurden alle einseitig durch die USA gekündigt oder gebrochen (Die von den USA zerstörte Architektur der atomaren Abrüstung). Der Open Skies-Vertrag zur gegenseitigen militärischen Luftüberwachung wurde 2018 ebenfalls unter Präsident Trump aufgekündigt.

In der alternativen Presse wird Trump vielfach zugute gehalten, während seiner ersten Amtszeit keinen neuen Krieg begonnen zu haben. Das kann man so aber nur bedingt stehen lassen, denn auch seine zahlreich eingeführten Sanktionen, protektionistischen Maßnahmen und sonstigen Wirtschaftskriege sind kriegerische Akte, die Menschen töten, nur nicht mit der Feuerwaffe. Seine Vorgänger haben ihm außerdem mehrere Kriege und Konfliktherde überlassen, die er weiter bedient hat. Die völkerrechtswidrigen Bombardierungen wie z.B. in Syrien wurden nicht viel weniger und im Januar 2020 befahl Trump die Ermordung von Qassem Soleimani, Kommandeur der Auslandseinheit der Iranischen Revolutionsgarden, durch einen US-Drohnenangriff. Anstatt eingestellt oder zumindest verringert zu werden, nahmen die Drohnenmorde unter Präsident Trump zu, dafür wurden die Opferzahlen aber nicht mehr veröffentlicht, wie noch teilweise unter seinem Vorgänger Obama. Wenige Wochen nach Trumps Amtsantritt im Jahr 2017 warf die US-Armee die größte nicht-atomare Bombe ihres Arsenals, MOAB (Massive Ordnance Air Blast oder „Mother of all Bombs“ über Afghanistan ab. Nordkorea drohte Trump mit völliger Zerstörung.

In den unten verlinkten Artikeln und Videos erfährt man weitere Einschätzungen, besonders zur kommenden Außenpolitik Trumps und ihre Auswirkungen auf andere Länder und Kontinente, die hier nur angerissen werden können. Auf innenpolitische Themen, die Amerika selbst zerreißen könnten, wird nicht vertieft eingegangen.

Wie wird sich die zukünftige Regierung von Donald Trump voraussichtlich zusammensetzen und was ist von den Kandidaten zu erwarten?

Donald Trump hat recht schnell seine designierte Regierung zusammengestellt und die Mainstream-Medien berichten eher erschreckt über die von ihm aufgestellten Personalien: Das Kabinett ist voll von kriegstreiberischen Hardlinern. Festzuhalten ist auch, dass die „Zionist Organization of America“ Trump dafür lobt, „das am meisten proisraelische Kabinett in der Geschichte der Vereinigten Staaten“ zusammengestellt zu haben.

Besonders geschockt reagiert man im Mainstream aber über die beiden Außenseiter Tulsi Gabbard und Robert F. Kennedy Junior. Wer ist also für welchen Posten im neuen Kabinett vorgesehen?

J._D._Vance_(53809189276) Wikimedia Commons

J. D. Vance

J.D. Vance wird Donald Trumps Vizepräsident. Der Bestsellerautor und frühere Finanzinvestor war zunächst gar nicht gut auf Trump zu sprechen. 2016 schrieb er den später von Netflix verfilmten Bestseller „Hillbilly-Elegie“. Autobiografisch berichtet er darin über seine Herkunft aus einer armen Arbeiterfamilie, die Folgen des industriellen Niedergangs in der „Rustbelt“-Region und die Alkohol- und Drogenprobleme seiner Mutter. Trump wird im Buch als Betrüger und „moralisches Desaster“ kritisiert. Seine Konversion zum „Trumpismus“ und sein Aufstieg ins Umfeld von Trump verdankt er dem Tech-Magnaten und Transhumanisten Peter Thiel (dem Gründer von Paypal und der Überwachungssoftware Palantir). Von ihm wird er seit Jahren protegiert. Vance inszeniert sich als Politiker „für den kleinen Mann“, dabei strebt er eine Art „Gemeinwohl-Kapitalismus“ an. Außenpolitisch will er den Krieg in der Ukraine den Europäern überlassen, um sich stärker auf China konzentrieren zu können. Ganz in Trumps Sinn soll militärisch und wirtschaftlich eine noch härtere Linie gegenüber China erfolgen.

Marco Rubio, der das Amt des Außenministers übernehmen wird, verfolgt eine harte Außenpolitik gegen Russland und spricht sich gegen weitere Ukraine-Hilfen aus, weil sie für die USA zu teuer werden. China will er auch wegen dessen zunehmendem Einfluss im eigenen „Hinterhof Lateinamerika“ bekämpfen und ist Verfechter einer harten Gangart gegenüber dem Iran. Auch der Republikaner mit lateinamerikanischen Wurzeln stand nicht immer hinter Trump. Noch im Wahlkampf 2016 nannte er ihn „Hochstapler“ und the most vulgar person to ever aspire to the presidency„.

Mike Waltz wird nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus. Mit Marco Rubio und J.D. Vance liegt er bezüglich der zu verfolgenden Außenpolitik ganz auf einer Linie: China als „größter Rivale der USA“ muss hart bekämpft werden. Die Verantwortung für die Kriege in der Ukraine und in Nahost, die dafür bald zum Abschluss gebracht werden sollen, will auch er den Europäern zuschieben. Ebenso ist er kein Freund von Russland, welches er als „Tankstelle mit Atomsprengköpfen“ bezeichnet hatte. 

Hinzu kommt Brian Hook, der als Leiter des Übergangsteams und Verantwortlicher für Neueinstellungen im State Department den Auftrag erhielt, Schlüsselpositionen im Außenministerium mit geeignetem Personal für die angestrebte kriegstreiberische Politik zu rekrutieren. Besonders „hawkisch“ ist Hook gegenüber dem Iran eingestellt.

Passend in dieser Riege der Falken: Pete Hegseth der Fox News-Moderator und ehemalige Offizier der Nationalgarde als Verteidigungsminister.

Pete Hegseth CC BY-SA 2.0

Pete Hegseth

Als Anhänger der Doktrin „Frieden durch Stärke“ spricht er sich – ganz im Sinne der amerikanischen „Full Spectrum Dominance“ für ein starkes und engagiertes militärisches Auftreten der USA aus. Hegseth hat außerdem enge Verbindungen zur Verteidigungsindustrie, zu Palantir und In-Q-Tel, dem „Risikokapitalfonds der CIA (der in Technologien investiert, die die CIA aus geheimdienstlicher Sicht als vielversprechend ansieht“: (Warum die Internetkonzerne Instrumente der US-Geheimdienste sind). Die US-Politik gegenüber Russland und China dürfte schärfer werden, die pro-israelische Außenpolitik wird selbstverständlich von ihm unterstützt und die Technologisierung des Militärs intensiviert.

John Ratcliffe, ehemaliger Geheimdienstkoordinator von Trump, also Leiter der vor einigen Jahren geschaffenen Behörde DNI, soll nun neuer Chef der CIA werden. Auch er ist dafür bekannt, eine harte Linie gegenüber China durchzusetzen, schließlich sieht er das Land als größte Bedrohung für die US-Interessen und den Rest der „freien Welt“.

Elise Stefanik soll die Vereinigten Staaten in der UN vertreten. Sie ist sowohl eine scharfe UN-Kritikerin als auch eine der entschiedensten Verteidiger Israels und der Politik der Netanyahu-Regierung.

Weitere Postenbesetzungen in der Regierung von Donald Trump:

Scott Bessent ist als Finanzminister vorgesehen. Er ist Gründer des „Hedgefonds Key Square Capital Management“. Von ihm wird man eine Politik der Deregulierung und Steuersenkungen erwarten können.

Kristi Noem wird das Ministerium für Heimatschutz (Department of Homeland Security) leiten. In den Medien geriet sie vor allem in die Kritik wegen ihrem Eingeständnis, vor etwa 20 Jahren einen Welpen erschossen zu haben. Im Heimatschutzministerium wird sie sich besonders Trumps Versprechen annehmen müssen, Migranten ohne gültige Papiere abzuschieben.

Chris Wright wird zum Leidwesen aller Umweltschützer Energieminister. Der „Klimawandel-Skeptiker“ und Fracking-Unternehmer (Gründer des Unternehmens Liberty Energy) wird Bürokratie abbauen, um Investitionen in fossile Brennstoffe zu fördern.

Lee Zeldin „assistiert“ ihm dabei in der Funktion als Leiter der US-Umweltschutzbehörde EPA. Er wird viele der bestehenden Umweltschutzbestimmungen abschaffen und die Regulierung verringern. Zeldin werde, so Trump, durch „rasche Deregulierungsentscheidungen die Macht der amerikanischen Wirtschaft entfesseln.“

Und auch ein in Deutschland alter Bekannter taucht wieder auf: Richard Grenell, der in seiner Zeit als US-Botschafter in Berlin durch sein unangenehmes Auftreten auffiel mit unverschämten Forderungen und Einmischungen in die inneren Angelegenheiten seines Gastlandes. Dies ist einem Botschafter laut Wiener Konvention nicht gestattet.

Dementsprechend empört über sein Gebaren äußerte man sich damals in Politik und Medien (hier in der Deutschen Welle)  und beschwerte sich über das Aufführen des US-Diplomaten „wie ein Hochkommissar einer Besatzungsmacht“. Hintergrund waren u. a. seine damaligen Forderungen nach Einhaltung der beschlossenen Erhöhung 2 % des Bruttoinlandsprodukts für die Nato-Mitgliederschaft (derzeit wird von Trump ein Anteil von 5% verlangt und von der heutigen Regierung hört man nicht mehr viel Widerstand). Grenell mahnte auch an, Geschäfte mit dem Iran zu unterlassen und wegen des Baus von Nordstream 2 drohte er schon damals mit US-Sanktionen. (Dieses Thema hat sich ja inzwischen erst einmal erledigt, wobei es der Bundesregierung bekanntlich nicht an Feigheit fehlt, diesen größten Terroranschlag eines Verbündeten auf die systemrelevante Infrastruktur völlig unaufgeklärt zu lassen). Nun soll Richard Grenell Gesandter für Sondermissionen werden. Auf Truth Social schrieb Trump: „Ric wird an einigen der heißesten Brennpunkte der Welt arbeiten, darunter Venezuela und Nordkorea […] und werde Amerika immer an die erste Stelle setzen.“ Da kann man nur diese und weitere Länder bedauern: in Zukunft werden sie sich warm anziehen müssen.

In sein designiertes Kabinett holt Trump sich also vorwiegend Hardliner und Kriegstreiber.

Ben Norton vom „Geopolitical Economy Report“ bringt dies in seinem Video vom 14. November 2024 noch einmal auf den Punkt: „Trump picks hawks & neocons to run US foreign policy: Meet his warmongering cabinet“ (Trump wählt Falken und Neokonservativen für die US-Außenpolitik aus: Sieh dir sein kriegstreiberisches Kabinett an):

Wie soll man sich bloß eine Zusammenarbeit dieser Falken im Kabinett mit den im Mainstream „umstrittenen“ weiteren  Nominierungen von Tulsi Gabbard und Robert F. Kennedy Junior, aber auch teilweise von Elon Musk vorstellen?

Symbolbild Venice.ai

Symbolbild Venice.ai

Elon Musk, der Gründer (und Besitzer) von Tesla, SpaceX und Neuralink und Besitzer von X (nach der Übernahme von Twitter) soll Trump bei der Kürzung der Regierungsausgaben helfen. Im eigens geschaffenen Beratungsgremium „Department of Government Efficiency“ wird Musk gemeinsam mit dem Biotech-Unternehmer und – wie Musk – Milliardär Vivek Ramaswamy „großangelegte Strukturreformen vorantreiben“, „verschwenderische Ausgaben“ kürzen und die Bundesbehörden umstrukturieren. Der Regierung wird dieses Gremium nicht selbst angehören, aber mit dem Weißen Haus zusammenarbeiten. Im Wahlkampf versprach Elon Musk, ein Drittel der Staats­ausgaben zu streichen – Chaos ist wohl vorprogrammiert: Musk erklärte in einer Mitteilung, dies werde „Schockwellen durch das System“ senden. Ramaswamy gab bekannt: „Elon Musk und ich können eine massenhafte Deportation von Millionen nicht gewählter Bundesbeamter aus der Washingtoner Bürokratie starten. Er bringt eine Kettensäge mit. Und wir werden sie auf diese Bürokratie ansetzen. Das wird ein Riesenspaß.“

Steht den USA ein ähnlich radikaler Um- bzw. Abbau des Staatshaushalts bevor, wie es der argentinische Staatschef und Kettensägen-Anarcho-Kapitalist Javier Milei vor seiner Amtsübernahme 2023 in einem Video demonstrierte? Ganz so radikal wie im Video wird es wohl nicht kommen, zumindest nicht, was die Abschaffung von Ministerien betrifft.

Immerhin sind sowohl Musk als auch Ramaswami keine Hardliner, was die Außenpolitik angeht. Zwar stellte SpaceX nach Beginn der russischen Militäroperation im Februar 2022 der Ukraine kostenlose Starlink-Systeme zur Verfügung, auf Twitter schlug Musk wenig später jedoch einen Friedensplan für die Ukraine vor, in dem die Krim zu Russland gehören und die Ukraine neutral bleiben soll. Auch Ramaswami fordert eine Zusage der NATO, dass sie die Ukraine nicht aufnehmen wird und möchte die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Russland wiederherstellen. Eine Vertiefung des Themas bietet Peter Frey in seinem Standpunkt auf apolut vom November 2022 an: SpaceX, der Tiefe Staat und der Ukraine-Krieg.

Elon Musk, Meister der Selbstinszenierung, hinterlässt hier insgesamt einen zwiespältigen Eindruck. Wirtschaftspolitisch eher libertär einzuordnen, wird auch Musks Umgang mit seinen Mitarbeitern bei SpaceX und Tesla u.a. wegen des hohen Leistungs- und Zeitdrucks kritisiert. Und schließlich geriet Musk nicht nur wegen umweltschädigender Wasserentnahme an seinem Produktionsstandort „Gigafactory“ in Berlin-Brandenburg in die Kritik.

Musk hat aber auch eine andere Seite, die wiederum eine echte Bereicherung in Trumps Kabinett sein könnte:

Musk nennt sich selbst einen „free speech absolutist“ er tritt nach eigener Aussage bedingungslos für das Recht auf Redefreiheit ein. Bei Joe Rogan, dem Podcaster mit Millionenpublikum in den USA, spricht er über den Grund für seinen Kauf von Twitter im Jahr 2022 und dessen Umgestaltung in ein freie(re)s Medium (X):

Die „Twitter-Files“ ließ Elon Musk von den investigativen Journalisten Matt Taibbi auswerten. Sie zeigen das ganze Ausmaß der Zensur auf Twitter, welchem Musk den Kampf angesagt hat: Twitter-Files: „Jede Verschwörungstheorie ist wahr geworden“ (von Milosz Matuschek). Philip Hopf nimmt sich in seinem Podcast auch des Themas und an und liest u.a. Matuscheks kompletten Artikel vor:

Vom Mainstream wird Musk nicht nur deshalb die „Unterstützung und Verbreitung von Verschwörungstheorien“ vorgeworfen, sondern auch weil er z.B. das Narrativ bezüglich der Covid19-Impfung nicht bedient. Man wirft ihm vor, „rechtsextreme Personen“ wie Giorgia Meloni, Matt Gaetz und Michael Flynn zu supporten. Zuletzt brachte er Politiker in Deutschland gegen sich auf, Olaf Scholz nannte er „Narr“ und Frank-Walter Steinmeier einen „antidemokratischen Tyrannen“. Für Alice Weidel spricht er eine Wahlempfehlung aus. Das angekündigte Gespräch mit ihr wird mit Spannung erwartet, egal, was man von der AfD hält.

In diesem Zusammenhang ist auch noch Brendan Carr zu nennen: Er ist für die Leitung der US-Medienaufsichtsbehörde FCC nominiert. Nach seiner Ernennung schrieb Brendan Carr auf X: „Wir müssen das Zensurkartell zerschlagen und den Amerikanern ihr Recht auf freie Meinungsäußerung zurückgeben.“ Auch den Einfluss von Big Tech (Meta, Alphabet, Microsoft, Apple) will Carr verringern. Dies, nachdem die FCC seinem irritierten und besorgten Mitarbeiter Carr kurz vor der US-Wahl noch ein dickes Kuckucksei in sein kommendes Nest gelegt hatte: Medienbericht: Soros-Stiftung darf kurz vor den Wahlen 200 US-Radiostationen kaufen. Carr nannte diesen „geheimen Hinterzimmer-Deal“ als „der schlimmste Missbrauch von Behördenverfahren, den ich in den zwölf Jahren meiner Arbeit bei der FCC erlebt habe“.

Mit Tulsi Gabbard und Robert F. Kennedy Junior nominiert Trump für weitere Regierungsposten zwei Hoffnungsträger, die trotz aller Kritikwürdigkeit (z.B. die bedingungslose Verteidigung der israelischen Regierung) aufhorchen und gewisse Hoffnungen schöpfen lassen.

Ihnen gemeinsam ist ihr vorheriges Ausscheiden aus der demokratischen Partei, ihre jeweiligen Bewerbungen als unabhängige Präsidentschaftskandidaten und schließlich der Anschluss an das Wahlkampfteam Trump.

Sehen wir uns auch diese Beiden etwas näher an:

Tulsi Gabbard, US-Veteranin aus dem Irak-Krieg, soll Geheimdienstkoordinatorin („Director of National Intelligence“) werden. Es handelt sich dabei um die Behörde, welche John Ratcliffe, der künftige CIA-Direktor einst leitete. Auch Richard Grenell hatte diesen Posten zuvor inne.

Gabbard war lange Jahre im Kongress als Mitglied der Demokratischen Partei, unterstützte die Präsidentschaftskandidatur von Bernie Sanders und kandidierte schließlich selbst für die US-Präsidentschaftswahl 2020. Ende 2022 schied sie aus der demokratischen Partei aus, da diese Partei ihrer Einsicht nach von „elitären Kriegstreibern“ geleitet werde, wodurch die Gefahr eines Atomkriegs immer größer wird.

Von ihr ist bekannt, RT als Informationsquelle zu nutzen, sie sprach öffentlich über US-Biowaffenlabore in der Ukraine und den dortigen Stellvertreterkrieg, der Russland schwächen und letztendlich zu einem Regime Change führen soll. Sie traf sich auch mit Baschar al-Assad und hat keine Scheu, mit Vertretern des alternativen Medienspektrums zu kooperieren.

Tulsi Gabbard hatte 2022/23 auf Youtube eine Podcast-Serie, die „Tulsi Gabbard Show“. In diesem Format sprach sie u.a. mit Tucker Carlson, Jeffrey Sachs und Ron Paul über brisante politische Themen. Auch ist sie häufig selber zu Gast bei Top-Talkmastern wie Lex Fridman, Shawn Ryan, Joe Rogan, Bill Maher, Glenn Greenwald und anderen.

Bei Joe Rogan, dem US-amerikanischen Podcaster mit Millionenreichweite, war sie mehrfach zu Gast. In diesem Video-Ausschnitt spricht sie über die Ukraine und den militärisch-industriellen Komplex (Oktober 2022):

Von Menschen aus dem alternativen Spektrum bekommt sie viel Zuspruch, aber auch manche Kritik. So moniert Glenn Greenwald ihre Ansichten im „War on Terror„. (Wenn es um den Krieg gegen Terroristen geht, bin ich ein Falke, [aber] wenn es um kontraproduktive Kriege des Regimewechsels geht, bin ich eine Taube.). Die Täterschaft von 911 stellt sie nicht in Frage: „Lasst uns niemals vergessen, dass es die islamistische Ideologie war, die die Terroranschläge und die Kriegserklärung gegen Amerika am Elften September inspirierte“. Auch was Israel betrifft, ist ihre Unterstützung der israelischen Regierung gegen die „Terrororganisation Hamas“ gesetzt. Rainer Shea kritisiert ihre undurchsichtige Rolle im Völkermord Israels an Palästina. Wegen Gabbards feindseliger Haltung gegenüber den Palästina-Befürwortern befürchtet er: Der Sicherheitsstaat versucht, Tulsi Gabbard zu benutzen, um das harte Vorgehen gegen Palästina-Unterstützer voranzutreiben.“ (Der Anwalt und Journalist Greenwald wurde weltweit bekannt durch die Zusammenarbeit mit Edward Snowden im Jahr 2013 in der Aufbereitung und Veröffentlichung der geheimen Dokumente des NSA-Überwachungsprogramms PRISM.)

Jüngst erklärte Jeffrey Sachs dagegen bei Tucker Carlson, weshalb Tulsi Gabbard seiner Ansicht nach die beste Wahl für das designierte Amt in der Regierung ist. Im Video erklärt er außerdem, welches aus seiner Sicht der einzige Weg zu einem Ende des Kriegs in der Ukraine ist (ab Minute 4:50):

Vom Mainstream wird sie natürlich scharf kritisiert – auch Kongressmitglieder beider Parteien beschuldigen sie, „russische Propaganda nachzuplappern“, die demokratische Senatorin Elisabeth Warren stellt Tulsi Gabbard gar als russische Spionin dar. Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton vergleicht sie mit einer Handgranate, „die so weit ist zu explodieren“. Ob sie vom Senat für das vorgesehene Amt bestätigt wird, ist ungewiss.

Robert F. Kennedy Junior ist für das Amt des Gesundheitsministers nominiert. Der Neffe des Ex-Präsidenten John F. Kennedy und Sohn des Ex-Justizministers Robert Kennedy (beide wurden bei Attentaten in den 60er Jahren ermordet) ist Umwelt-Anwalt, Umweltaktivist und Impfkritiker. Nicht erst seit der Covid19-Impfung setzt er sich intensiv mit den negativen Auswirkungen der vielen in Amerika üblichen Impfungen auseinander (z.B. Autismus). Mit seinem Projekt „Make America Healthy Again“ will er die Gesundheit der amerikanischen Bevölkerung verbessern, u.a. will er die USA von Junk-Food befreien („Wir werden die Ressourcen auf die Lösung des größten Gesundheitsproblems unseres Landes – chronische Krankheiten – ausrichten. Wir werden ihre Ursachen ermitteln und diese Faktoren angehen“).

Kennedy war zunächst als Präsidentschaftskandidat für die Demokraten angetreten, wurde aber weder durch seine Partei noch durch irgendeines der großen Medien in den USA (ABC, NBC, CBS, CNN u.a.)  unterstützt. Dasselbe, als er sich entschloss, der demokratischen Partei den Rücken zu kehren um stattdessen als Parteiloser zu kandidieren. Obwohl Kennedy im amerikanischen Mehrheitswahlsystem als dritte Partei eine beachtliche Zahl an Stimmen erhalten hätte (6-9 %, je nach Umfrage), beendete er im August 2024 seine Kandidatur, weil er keine echte Chance gegen das Establishment sah. Er erklärte seine Unterstützung für Donald Trump in einer Rede am 23.08.24:

„Ich war ein heftiger Kritiker vieler politischer Maßnahmen während seiner ersten Amtszeit, und es gibt immer noch Themen und Ansätze, bei denen wir sehr ernsthafte Differenzen haben. Aber in anderen wichtigen Fragen wie der Beendigung der Kriege für immer, der Beendigung der Epidemien von Kinderkrankheiten, der Sicherung der Grenzen, dem Schutz der Meinungsfreiheit, der Entflechtung der Vereinnahmung unserer Regulierungsbehörden durch die Unternehmen, dem Ausstieg der US-Geheimdienste aus der Propaganda, der Zensur, der Überwachung der Amerikaner und der Einmischung in unsere Wahlen sind wir uns einig.“

(Reinhard Meiser vom Youtube-Kanal InfoBox hat – nach einer Einführung – diese Rede von Kennedy auf deutsch übersetzt. (Die eigentliche Rede beginnt bei Minute 3:22.)

In Corona-Zeiten hat sich Robert Kennedy Jr. nicht gescheut, bei Querdenker-Corona-Demos als Redner aufzutreten und Klartext zu sprechen, was ihm im Mainstream viel Kritik einbrachte. Hier ist er bei der großen Corona-Demo am 29. August 2000 in Berlin zu sehen:

Ein wichtiges Anliegen von Robert Kennedy Jr. ist auch die Aufklärung der Morde an seinem Vater (1968) und Onkel (1963) und die Zerschlagung des Tiefen Staates. Beim Interview mit Tucker Carlson im August 2013 (hier das Video mit deutschen Untertiteln) sprach er über die Beteiligung der CIA an der Ermordung seines Onkels, dem Ukrainekrieg als Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA und Biolaboren in der Ukraine).

„Ich habe das Gefühl, dass ich wahrscheinlich der Einzige bin, der diesen Tiefen Staat entwirren kann“, sagte Kennedy. „Die CIA-Aufklärungsabteilung besteht aus außergewöhnlichen Menschen, die einen wichtigen Job machen, nämlich das Land zu schützen. Die Aufklärungsabteilung sammelt Informationen und analysiert sie für den Präsidenten. Aber dann gibt es noch die Operationsabteilung, die sogenannte Planungsabteilung. Das sind diejenigen, die Menschen ermorden, Wahlen manipulieren, Regierungen stürzen und all die Dinge tun, für die wir heute außen- und innenpolitisch bezahlen. Mein Vater sagte eine Woche vor seiner Ermordung, dass er diese beiden Abteilungen trennen wollte. ich halte das immer noch für einen guten Plan.“

Ein weiteres Interview führte Tucker Carlson mit RFK jr. im August 2024 (das Video in deutscher Übersetzung).

RFK Jr. gilt im Mainstream als „Verschwörungstheoretiker“ und bringt damit und mit seiner impfkritischen Haltung fast 80 Nobelpreisträger gegen sich auf, die ihn als Gesundheitsminister verhindern wollen (da für den Fall seiner Amtsübernahme „die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet“ sei).

Hinter Israel steht RFK jr. jedoch uneingeschränkt. Ungewohnt offen spricht er den Grund dafür aus: Es sei „fast so, als hätte man einen Flugzeugträger im Nahen Osten“. Die Existenz Israels sei für die USA daher eine Frage der „nationalen Sicherheit“. Denn „wenn Israel verschwindet, werden Russland und China 90 % des Öls in der Welt kontrollieren“. Da ist Kennedy dann doch lieber „Zweck-Patriot“ (oder in dem Fall eher „-nationalist“).

Für diese Ansicht, die er immer wieder verteidigt und den Genozid in Gaza verharmlost, hat er höchstwahrscheinlich in der amerikanischen Gesellschaft viele Stimmen verloren.

Chris Hedges, ehemaliger Chef des Nahost-Büros der New York Times, Pulitzer-Preisträger nennt Robert Kennedy daher auch den nützlichen Idioten der Israel-Lobby (im Original: Robert F. Kennedy Jr. – The Israel Lobby’s Useful Idiot.)

Peter Mayer vom Blog tkp ist – nicht nur wegen Kennedys Israel-Unterstützung – skeptisch, dass sich mit einem RFK jr. in der US-amerikanischen Politik etwas Maßgebliches verändert:

„[…] Aber auch der aktuelle Kennedy hat, bei all dem was er bei der Corona-Plandemie an positiven Inhalten und Aktionen geliefert hat, eine erstaunliche Ignoranz für die Geschichte der USA und die begangenen Verbrechen, Kriegsverbrechen und Völkermord inklusive der während der Präsidentschaft seines Onkels.“

Sein Fazit: „Wer Präsident in den USA ist, ist relativ unerheblich. Die Politik wird weiterhin von Rockefeller, Ford und den anderen Oligarchen betrieben.“

Kennedys zur Ernennung notwendige Bestätigung durch den Senat gilt ebenfalls wie bei Tulsi Gabbard nicht als gesichert.

 

Was kann die Welt von der US-amerikanischen Regierung unter der zweiten Amtszeit von Donald Trump also erwarten, wenn die schwierige (Rest-)Zeit des Präsidentschaftsübergangs vorüber ist, in der wir uns noch bis zum 20. Januar 2025 befinden?

In Teil 2 wird eine Art „Pressespiegel-Abstract“ angehängt. Jenseits des Mainstreams kommen verschiedene Stimmen aus dem alternativen Medienspektrum in einer chronologisch aufgebauten Sammlung zum Ausdruck. Die aus Hintergrundmaterialien und Prognosen bestehenden Beiträge, sollen für sich selbst sprechen. Wer hier stöbern möchte, findet viel Material für ein differenziertes Situationsbild:

Einschätzungen zur Trumpwahl (2): Ein Streifzug durch die alternative Presse

 


Bild(er): Artguru (Ki-erstellt); US-Wahlergebnis 2024 (Google Screenshot); J._D._Vance_(53809189276) Wikimedia Commons; Pete Hegseth CC BY-SA 2.0; Symbolbild Venice.ai; Screenshot von Artikel aus Free21; ElectoralCollege2024 (Wikimedia Commons); Screenshots von Artikeln aus Amerika21, Anti-Spiegel (mehrfach), junge Welt, NRhZ, International Man; Statement Donald Trump: Screenshot Truth Social; Psyop: KI-erstellt durch Dall E2; Sputnik Symbolbilder KI erstellt; Screenshot Venice Chat; Internetz-Zeitung; Panamakanal (Von Zandcee, CC BY-SA 3.0 Wikimedia Commons); Karte Nord Stream Wikimedia Commons; Nordstream Frank-2.0 Public Domain Dedication (CC0)
Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 02. Januar 2025 um 23:26 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Allgemein abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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